Die vorerst letzte Bahn unseres Earlybirds Katja in München

| Schwimmen

Katja, Earlybird der ersten Stunde, erzählt im Interview, was die Trainingsgruppe so besonders macht und wie es ihr in ihrer neuen Heimat Hamburg ergeht.

Liebe Katja, Du bist als CMO für ein Software-Unternehmen tätig. Du hast Dich nach vielen Jahren entschieden, unsere bayerische Landeshauptstadt zu verlassen und nach Hamburg zu ziehen. Wie geht’s Dir im hohen Norden?

Hallo nach München. Ich fühle mich in Hamburg sehr wohl. Die Stadt ist super, mir gefällt die Atmosphäre, ich habe neue nette Leute kennengelernt und bereite mich gerade nach einem kurzen Urlaub auf meinen ersten Triathlon an einem Seitenarm der Elbe vor.

Du hast bei uns fast drei Jahre in der Schwimmgruppe Earlybirds trainiert. Insgesamt bist Du bei unserem Leiter der Schwimmabteilung und Trainer Markus Piendl ein Jahrzehnt ohne Unterbrechung geschwommen. Das ist eine für unsere, manchmal sehr schnelllebige Zeit, unglaublich lange Zeitspanne. Wie kam es dazu?

Ich habe mit Mitte 30 an einem Kraulstil-Schwimmkurs teilgenommen. Schwimmen alleine und mit Freunden hat mir immer schon Spaß gemacht, aber danach noch viel mehr. Man kann seine Fitness aufbauen, das Verletzungsrisiko ist niedrig und auch die Ausrüstung ist überschaubar. Irgendwann fiel mir im Olympiabad ein Schwimmkurs auf, der anders trainierte als jene Schwimmvereine, die ich sonst wahrgenommen hatte.

Kannst Du das genauer erklären?

Die Übungen waren deutlich abwechslungsreicher als bei Schwimmern und Gruppen, die z.B. stur einen Trainingsplan abarbeiteten. Die Ausrüstung gestaltete sich mit Schwimmschnorchel, Tennisball und Flossen anders, als ich das bis dato kannte. Es gab keine starren Vorgaben z.B. 5x200 Meter zu schwimmen, sondern die jeweiligen Übungen waren so aufeinander aufgebaut, dass jeder Teilnehmer nicht nur den Sinn verstand, sondern diese auch für sich selbst in dessen Freizeit wiederholen konnte. Das gefiel mir sehr.

Das müssen die ersten Earlybirds gewesen sein, mit denen Markus vor ca. 10 Jahren startete.

Genauso war es. Ich wurde quasi Gründungsmitglied dieser festen Schwimmgruppe und lernte u.a. mit Hülya, Tom und Thierry Freunde fürs Leben kennen. Das Training mit Markus führte dazu, dass sich innerhalb kürzester Zeit unsere Technik, aber auch insbesondere unsere Kondition deutlich verbesserte. Alle wurden schneller und auch ein wenig ehrgeiziger im Wasser. Im Laufe der Zeit folgten wir Markus von angenehmen 50 Meter Bahnen in der Olympiaschwimmhalle in das Giesinger Bad und ins Nordbad. Aufgrund knapper Schwimmflächen mussten wir oft zu neunt im Kreisverkehr schwimmen.

Was unternahm Markus um das zu ändern?

Markus fand Schwimmfläche in der Berufsschule an der Lindwurmstraße. Dort trainierten wir auf fünf Bahnen in einem 25 Meter Becken, aufgeteilt in zwei Leistungsgruppen. Jeder bekam eine halbe Bahn; das lästige Schwimmen im Kreis gehörte der Vergangenheit an. Es gab allerdings einen Haken: Das Training fand am Sonntag um 07:00 Uhr statt – der Name Earlybirds für unsere Gruppe war geboren. Für viele von uns bedeutete das, für ca. drei Jahre jeden Sonntag um 05:30 Uhr aufzustehen, etwas Kleines zu essen, sich beim Schwimmen voll zu verausgaben und sich dann um 09:30 Uhr einen Brunch zu gönnen. Das verrückte daran: niemand sprang aufgrund der frühen (einzig möglichen) Trainingszeit ab. Das war eine wunderbare Zeit, bei der einige von uns nach dem Club oder der Geburtstagsparty am frühen Sonntagmorgen beim Schwimmen erschienen, dann aber trotzdem volle Leistung brachten. Manchmal dann allerdings mit weniger Rollwenden…

Was hat sich im Laufe der folgenden Jahre bei den Earlybirds verändert ?

Die Trainingspläne von Markus wurde noch individueller. Die Trainingseinheiten wurden auf zwei Stunden erhöht. Wir schwammen mit und ohne Hilfsmittel zum Teil vier bis fünf Kilometer pro Einheit. Markus ließ eine Vertrauensperson wählen, die uns als Sprachrohr diente, falls einmal etwas nicht perfekt lief. Es gab Themenschwerpunkte wie z.B. Brust, Rollwende und Delphin, die ich aufgrund deren Intensität nie vergessen werde. Wir schwammen im Dunklen, um Freiwasser-Einheiten zu simulieren und bereiteten uns 2018 erstmalig auf ein Trainingslager in Italien vor.

Wie dürfen wir uns ein Schwimmtrainingslager vorstellen?

Seit 2018 trainieren wir jedes Jahr eine Woche in Italien zwei Stunden am Vormittag und zwei Stunden am Nachmittag. Im vergangenen Jahr haben wir mit Pesaro die Location gewechselt und freuen uns schon alle sehr auf 2024. Ein Trainingslager schweißt die Gruppe immer wieder zusammen, wir verbringen Zeit zusammen und lernen uns besser kennen; das ist jedes Jahr ein ganz besonderes Event für alle Teilnehmer.

Wie hat sich Deine Beziehung zu Markus als Deinem Trainer in diesen 10 Jahren entwickelt?

Die anderen Earlybirds und ich haben gesehen, wie engagiert Markus bei der Sache ist. Die Teilnehmer sind ihm wichtig; er hat viel private Zeit investiert, dafür war und bin ich dankbar. Man nimmt Anteil am Leben des anderen; so sind z.B. im gleichen Jahr Elternteile von uns beiden verstorben. Ich habe Markus Frau kennengelernt und gesehen, wie stark sich seine zwei Kinder in der festen Schwimmgruppe, den Seelöwen, entwickeln. Als Trainer ist er sich und seinem Konzept beständig manchmal auch unkonventionell weiterzuentwickeln treu geblieben.

Hand aufs Herz: was dachtest Du und die Earlybirds als Euch Markus 2021 mitteilte, eine Schwimmabteilung beim TSV Trudering e.V. zu eröffnen?

Dass einer der größten Sportvereine im Münchner Osten, genauer Vorstand, andere Abteilungsleiter und Geschäftsführer einer neu zu gründenden Schwimmabteilung eine Chance geben wollte, hat uns begeistert. Mir war klar, dass es eines guten Konzepts, Logistik und Personals bedurfte. Dass die Mitglieds- und Kursgebühren überdurchschnittlich aber fair sind, tat ein übriges: wir sind alle gewechselt. Aufgrund der Größe des Heinrich-Heine-Bads konnten wir in der Corona Zeit schwimmen; der Verein stellte uns in den Kabinen Schnelltests zur Verfügung. Nie vergessen werde ich als wir mit einer Sondergenehmigung während des Lockdowns in die Schweiz fuhren; dort wurden wir im Schwimmkanal.ch von Roy Hinnen und Markus mit mehreren Kameras aufgezeichnet und eine hervorragende Videoanalyse zur Verbesserung des Bewegungsablaufs durchgeführt. Als ich erfuhr, dass auch Menschen mit Beeinträchtigung beim TSV Trudering in der Schwimmabteilung eine Chance bekommen, war mir klar: hier bin ich angekommen. Vielen von uns geht es gesundheitlich gut: ein Grund mehr jenen, bei denen das nicht so ist, zu helfen.

Hast Du in Hamburg einen vergleichbaren Earlybirds-Schwimm-Kurs gefunden und magst Du der Schwimmabteilung einen Rat für die Zukunft geben?

In Hamburg habe ich trotz intensiver Suche kein vergleichbares Konzept gefunden. Ich würde fast sagen die Earlybirds sind in dieser Form einmalig. Nach 10 Jahren Schwimmen in der Gruppe bzw. Verein weiß ich, wie wichtig es ist immer dranzubleiben, Mut für Neues zu haben und sich Herausforderung zu stellen, oder wie Markus so gerne sagt: der Wille entscheidet. Ich wünsche der Schwimmabteilung und dem TSV Trudering aus Hamburg alles Gute! Wir sehen uns in Italien.